Intel hat die Lieferung eines supraleitenden 17-Qubit Testchips an das niederländische Forschungszentrum QuTech bekanntgegeben. Die beiden Partner arbeiten seit 2015 gemeinsam an der Erforschung von Quantencomputern. Der von Intel gefertigte Chip zeichnet sich durch ein spezielles Design aus, wodurch die Produktion einer höheren Stückzahl bei gleichzeitiger Steigerung der Leistung ermöglicht wird. Intel und QuTech verzeichnen rasante Fortschritte bei der Entwicklung von Quantencomputersystemen, woran die Halbleiterfertigung und die Materialwissenschaft einen wichtigen Anteil haben.
Quantencomputing: Große Herausforderungen – großes Potenzial
Quantencomputing ist eine spezielle, weit fortgeschrittene Methode des parallelen Computings. Traditionelle Computer verarbeiten Daten in binären Zahlen (Bits), die jeweils einen von zwei Zuständen einnehmen können (null oder eins). Quantencomputer hingegen nutzen „Quantum Bits“ (kurz Qubits), die gleichzeitig mehrere Zustände einnehmen können. Dadurch wird die gleichzeitige Ausführung mehrerer Rechenoperationen auf einem Chip ermöglicht.
Weitere Einblicke in das Quantencomputing liefert die Intel Infografik „A Quantum Computing Primer“.
Bei der Erforschung von Quantencomputern sind erhebliche Herausforderungen zu bewältigen, so etwa die Stabilisierung und Vereinheitlichung der hochempfindlichen Qubits. Schon die kleinste akustische Beeinflussung kann zu Datenverlusten führen. Ebenso spielt die Temperatur eine wichtige Rolle. Diese sollte stets bei etwa 20 Millikelvin liegen. Aufgrund dieser extremen Bedingungen hat die Verpackung („Packaging“) von Qubits einen entscheidenden Einfluss auf ihre Leistung. Intel arbeitet intensiv am Ausbau von Design- und Packaging-Technologien, um möglichst perfekte Bedingungen für die empfindlichen Komponenten zu schaffen.
Quantencomputer ersetzen nicht den Bedarf an konventionellem Computing oder weiteren neuen Technologien wie beispielsweise dem neuromorphen Computing. Jedoch sind Quantencomputer klassischen Computersystemen in der Bearbeitung bestimmter Fragestellungen deutlich überlegen. Sie versprechen eine höhere Effizienz und Leistung bei der Bewältigung spezifischer Probleme. Zum Beispiel können sie mit Hilfe von präzisen Simulationen der Umwelt die Forschung in Chemie, Materialwissenschaft oder molekularer Modellierung beschleunigen. So könnten etwa Katalysatoren entwickelt werden, die Kohlenstoffdioxid subtrahieren. Auch die Herstellung supraleitender Materialien bei Raumtemperatur oder die Herstellung von neuen Medikamenten soll auf Basis von Quantencomputing vereinfacht werden.
Intels 17-Qubit Testchip
Der 17-Qubit Testchip ist in etwa so groß wie eine amerikanische Vierteldollarmünze oder eine 50-Cent-Münze (mit Packaging so groß wie eine Halbdollarmünze, also etwas größer als ein Zwei-Euro-Stück) und verfügt über folgende optimierte Designmerkmale:
- Eine neue Architektur, die für höhere Zuverlässigkeit, bessere thermische Leistung und weniger Beeinträchtigung der Radiofrequenz zwischen den Qubits sorgt.
- Ein skalierbares Verbindungsschema, das im Vergleich zu mit Drahtbonden verbundenen Chips eine 10- bis 100-fach höhere Input-/Output-Signaldichte für den Chip ermöglicht.
- Verbesserte Prozesse, Materialien und Konstruktionsentwürfe, die Intels Packaging-Technik skalierbar an integrierte Quantenschaltkreise anpassen, die wesentlich größer sind als herkömmliche Siliziumchips.
Intel treibt die Entwicklung des Quantencomputings voran
“Unsere Quantenforschung ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass unser Partner QuTech in der Lage ist, Workloads auf Quantenalgorithmen zu simulieren. Zu diesem Zweck liefern wir regelmäßig Qubit Testchips, die in unseren hochmodernen Fertigungsanlagen produziert werden”, so Dr. Michael Mayberry, Corporate Vice President und Managing Director der Intel Labs. “Mit Intels langjähriger Erfahrung in den Bereichen Produktion, Steuerungselektronik und Architektur unterscheiden wir uns deutlich und beschäftigen uns mit neuen Denkweisen – von neuromorphen bis hin zu quantenbasierten Computersystemen.”
Durch Intels Zusammenarbeit mit QuTech konnten bereits zahlreiche Meilensteine in der Entwicklung von Quantencomputern erzielt werden – von der Demonstration wichtiger Schaltungsblöcke für ein integriertes kryogenisches CMOS-Steuersystem über die Entwicklung eines Spin-Qubit-Produktionsablaufs auf Basis von Intels 300 mm Prozesstechnik bis zur Entwicklung einer spezifischen Packaging-Lösung für supraleitende Qubits. Dadurch wurde die Zeitspanne zwischen Entwurf und Fertigstellung der Testchips maßgeblich verkürzt.
“Auf Basis von Intels 17-Qubit Testchip können wir uns auf die Kontrolle mehrerer, verbundener Qubits einschließlich entsprechender Messungen konzentrieren. Unser Ziel ist es, ein Schema zur Fehlerkorrektur sowie ein logisches Qubit zu schaffen,“ sagt Professor Leo DiCarlo von QuTech. “Dadurch gewinnen wir wichtige Einsichten für die Entwicklung von Quantencomputern.“
Intel und QuTech: Zusammenarbeit weit über Qubit-Technik hinaus
Die gemeinsamen Bestrebungen von Intel und QuTech im Bereich Quantencomputing gehen weit über die Entwicklung und Erprobung von supraleitender Qubit-Technik hinaus. Die Zusammenarbeit erstreckt sich über das gesamte Forschungsfeld des Quantencomputings. Dazu gehören Qubit-Geräte ebenso wie die Hardware- und Softwarearchitektur, die für die Steuerung dieser Geräte benötigt wird, sowie Anwendungen im Bereich Quantencomputing. All diese Elemente sind entscheidend, um Quantencomputer Realität werden zu lassen.
Intel untersucht – anders als andere Hersteller – verschiedene Qubit-Typen. Dazu gehören die supraleitenden Qubits, die im neuesten Testchip enthalten sind, sowie weitere Alternativen, etwa sogenannte Spin-Qubits aus Silizium. Diese ähneln einem einzelnen Elektronentransistor, der in vielerlei Hinsicht mit konventionellen Transistoren vergleichbar ist und potentiell mit ähnlichen Fertigungsprozessen hergestellt werden kann.
Der durch Moore’s Law implizierte, stetige technische Fortschritt treibt neue Entwicklung im Computing voran und spornt zu Höchstleistungen an. Intel investiert nicht nur in die Erforschung neuer und bahnbrechender Technologien, sondern auch in die Weiterentwicklung von Moore’s Law als deren Fundament.